Mit dem heutigen Tag tritt das „Bündnis gegen Sportwetten-Werbung“ (BgSwW) an die Öffentlichkeit. Die Saisonstarts in der 2. Bundesliga und 3. Liga sowie das vergangene Wochenende im DFB-Pokal waren bereits ein Vorgeschmack auf die übermäßige Werbung von Sportwettanbietern, die zum Bundesliga-Start am kommenden Wochenende nochmals deutlich sichtbarer werden wird.

Das BgSwW setzt sich für die weitestgehende Einschränkung von Sportwetten-Werbung durch die nötigen politischen Entscheidungen ein – wie es andere europäische Länder bereits vormachen – und fordert die beteiligten Institutionen im Sport zur Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und zur Stärkung von Forschung und Prävention auf.

Auf Initiative von Fan-Organisationen im Fußball verbindet das BgSwW Institutionen und Einzelpersonen miteinander, die zur Thematik Sportwetten (und Glücksspiel allgemein) in der Präventionsarbeit, Forschung, Sucht- und Selbsthilfe tätig sind oder ein persönliches Interesse an der Unterstützung der Ziele des Bündnisses haben. Ein derart breites Bündnis aus verschiedenen gesellschaftlichen Akteur*innen dürfte hierzulande einmalig sein. Eine alphabetische Auflistung der aktuell aktiv beteiligten Institutionen finden Sie unten. Wir freuen uns über weiteren aktiven Zuwachs oder auch passive Unterstützung.

Unsere ab heute zugängliche Homepage www.bgsww.de dient der Bündelung aller relevanter Informationen zum Thema und soll eine Plattform für weitere Maßnahmen, Aktionen und Initiativen sein. Sie ist ein „Work in Progress“ und wird stetig überarbeitet und aktualisiert.

Wir stellen Ihnen unten Zitate einiger beteiligter Organisationen und Einzelpersonen zur Verfügung. Für Hintergrundgespräche und Rückfragen sind wir gerne per eMail unter info@bgsww.de erreichbar.

Mit freundlichen Grüßen

Für das BgSwW (alphabetisch):
Ilona Füchtenschnieder, Dr. Tobias Hayer, Konrad Landgraf, Kristina Schröder, Markus Sotirianos

Am BgSwW beteiligte Institutionen (alphabetisch):

  • Betroffenenbeirat Bayern
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte e. V.
  • BundesBehindertenfan-ArbeitsGemeinschaft e. V. | Beratungsstelle „KickIn!“
  • Bundesverband Selbsthilfe Glücksspielsucht – Glücksspielfrei e. V.
  • Chargeback24
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.
  • Fachverband Glücksspielsucht e. V.
  • FC PlayFair! e. V.
  • Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein
  • Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern
  • pad gGmbH Berlin
  • Präventiver Jugendschutz Stadt Frankfurt am Main
  • Sächsische Landesstelle gegen Suchtgefahren
  • Transparency International Deutschland e. V.
  • Unsere Kurve e. V.

Zitate:

Markus Sotirianos (Unsere Kurve, Fanorganisation):
„Sportwetten-Werbung vereinnahmt Fankultur und normalisiert die Existenz von Wetten im Sport-Kontext, ohne adäquat auf die Problematiken hinzuweisen und ausreichenden Jugendschutz zu bieten. Fußball-Interessierte können sich der Werbung kaum noch entziehen, weswegen für uns nun eine Grenze des Erträglichen überschritten ist.“

Ilona Füchtenschnieder (Fachverband Glücksspielsucht, Suchthilfe):
„Sportwetten-Werbung hat die Funktion das gefährliche Produkt zu verharmlosen und als normale Freizeitbeschäftigung darzustellen, die zum Alltag dazugehört. Dieser Etikettenschwindel muss rasch beendet werden. Das Bündnis gegen Sportwetten-Werbung findet hoffentlich noch viele weitere Mitstreiter. Nur gemeinsam können wir es schaffen, den aktuellen Werbeirrsinn zu stoppen.“

Dr. Tobias Hayer (Universität Bremen, Wissenschaft):
„Die massive Bewerbung von Sportwetten stellt das Gegenteil einer effektiven Suchtpräventionspraxis dar. Effekte wie die Normalisierung eines potenziellen Suchtmittels, das Auslösen von Spielbedürfnissen bei Minderjährigen oder die Erhöhung der Rückfallgefährdung bei glücksspielsüchtigen Personen widersprechen fundamental dem Ziel, den Spielerschutz zu stärken und geeignete Rahmenbedingungen für das Verhindern glücksspielsüchtigen Verhaltens zu schaffen.“

Prof. Nicolas Klein (Transparency International Deutschland, NGO gegen Korruption):
„Verantwortungslose Sportwetten-Werbung relativiert nicht nur das Sucht-Risiko von Sportwetten, sondern auch die weiteren damit verbundenen Gefahren. Spielmanipulationen und Korruption in diesem Zusammenhang kommen oftmals durch Kontakte in die Sportwetten-Szene zustande oder sind Ergebnis der Erpressbarkeit wegen Wettschulden. Die Prävention von Glücksspielsucht und der Manipulation von Wettbewerben gehören zusammen. Die Einschränkung der Sportwetten-Werbung hilft, ehrliche Ergebnisse im Fußball zu sichern.“

Konrad Landgraf (Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern):
„Werbung für Sportwetten ist aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes auf ein absolutes Minimum zu begrenzen.“

Nicole Dreifeld (Glücksspielfrei, Bundesverband Selbsthilfe Glückspielsucht):
„Die Neuzugänge in den Selbsthilfegruppen von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen sind in den letzten zwei, drei Jahren deutlich jünger geworden und fast ausschließlich süchtig nach Sportwetten. Häufig verschulden sich die Leute deutlich höher in sehr kurzer Zeit als zuvor.“

Willi Sirrenberg und Franz (beide Betroffenenbeirat Bayern):
„Durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag und die damit einhergehende Legalisierung von Sportwettanbietern hat die Sportwetten-Werbung ein viel größeres Ausmaß angenommen. Für uns als suchtkranke, aber abstinente Spieler bedeutet das, dass wir wieder stärker in Gefahr geraten, rückfällig zu werden. Wir können Fußballspiele weder live im Stadion noch im Fernsehen genießen, da uns die Sportwetten-Werbung dort triggert, und wir unsere Abstinenz nicht gefährden möchten. Wann können wir uns wieder unbeschwert Fußballspiele ansehen?“

Tobias Blümel (Betroffener, 15 Jahre sportwettabhängig):
„Die Sportwettsucht hat mich ins Gefängnis gebracht. Durch meine Präventionsarbeit in Schulen und Sportvereinen merke ich immer wieder aufs Neue, wieviel Macht die Sportwetten im Fußballbereich eingenommen haben. Das muss einfach eingedämmt werden.“

2. August 2022